Angebot-Woldmanndli-Andermatt

Tradition und Brauchtum

Woldmanndli

Woldmanndli

Alljährlich am Chilbi-Samstag wenn die Kirchturmuhr mittags eins schlägt, bewegt sich ein Zug in Jutensäcke gekleideter Gestalten aus dem Gurschnerwald über die Allmend ins Dorf hinunter. Das sind die Woldmanndli von Andermatt.

Die meisten der über Ursprung und Sinn dieses Brauches befragten älteren Dorfbewohner vermuten oder vermuteten diesen in der Bannlegung des Gurschenwaldes. Anhand von Baumstrünken die beim Turbengraben zu Tage gefördert wurden, der heutigen Flora, Flurnamen und urkundlichen Belegen ist bewiesen, dass Andermatt einstmals bis auf über 2000 m ü. M. bewaldet war. Dieser Wald aber, durch Rodungen zur Gewinnung von Weideland und Nutzung für Bau- und Brennholz schon im frühen Mittelalter in seinem natürlichen Gleichgewicht gestört, fiel vermehrt den Rüfenen und Lawinen zum Opfer und verschwand im Laufe der Zeit bis auf den heutigen Rest des Gurschenwaldes. 

Besorgt um den Schutz der Siedlung an der Matte zu Urseren legten die Siedler den Wald unter dem Gurschen schon im Jahre 1397 in Bann. Die Satzung des Bannbriefes, übrigens 1717 und später erneut bekräftigt, verboten fortan bei hoher Strafe: „daz dar us niemman kleinerleyg tragen noch ziehen soll weder est noch studen noch wiedest noch kris noch zapfen noch keinerley, daz ieman erdenken kann, daz in dem selben wald wahset oder gewahsen it, es sygi tags oder nahtz, wer der waeri, es sigint man oder frouwen, jung oder alt, wa, wie doer welan stetten“. 

Die Absicht der Bannlegung bestand wohl eindeutig darin, den noch verbliebenen Wald von unbedachten menschlichen Eingriffen zu schützen und hegend zu vermehren. Dieser Absicht nachzuleben, bedurfte es der Anstellung von Leuten durch die Siedlungsgenossen. Dieser Angestellten, vermutlich Taglöhner, deren Aufgabe darin bestand im Frühling, kaum dass der Schnee geschmolzen war bis kurz vor Wintereinbruch im Walde zu „Schönen“ und Übertretungen der Satzungen zur Anzeige zu bringen, nannte man in der Mundart des Tales „Woldmanndli“. Die Bekleidung der Woldmanndli, den hiesigen, auch sommersüber meist rauen Klima entsprechend, wurde mit Jutesäcken – sozusagen als Überkleider – ergänzt. Da die gegenseitige Verständigung im Wald mit blossen Händen oder durch Zurufe eine beschränkte ist, fertigten sich die Woldmanndli aus Ziegenbockhörnern (Bockähourä) Blasinstrumente und gaben sich damit die Signale. 

Wenn dann Mensch und Vieh längst vor den Alpen zurück ins Dorf gekehrt, die Düfte ofenfrischer „Uberlitzli“ und anderem Chilbischmaus sich zum Waldrand hin verflüchtigten, war auch die Arbeit der Woldmanndli bis zum nächsten Frühjahr beendet. 

Und wenn am Chilbi-Samstag die Kirchenturmuhr zur Betstunde rief, kamen sie der getanen Arbeit froh sich Aufmerksamkeit erheischend, lautstark mit Bockenhörnern und Treicheln in ihren Gewändern aus dem Gurschenwald heraus die Allmend herunter ins Dorf, wo sie von der dankbaren Bevölkerung aufs Herzlichste empfangen wurden. 

So entstand irgendwann mal auch dieser Brauch. Ursprung und Sinn dieses Brauches gründen also lediglich in mündlicher Überlieferung und lauten daher auch verschiedenartig. In einem sind sich jedoch alle einig, die Bedeutung des Waldes unter dem Gurschen als Schutz der Siedlung Andermatt, sie heute nicht minder gross wie damals vor über 600 Jahren und der Brauch, zur Hauptsache von der Jugend und Freunden des Brauchtums getragen, der Erhaltung wert. Das bestätigen auch alle, vorwiegend einheimische Gönner die damit in verdankenswerterweise zur Erhaltung des Brauches beitragen. Ihren Allen herzlicher Dank! 

Text: Willi Bomatter